Wortman

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Gastautoren

Frau von Trauerweide und Herr Knorkeiche

Anmutig streckte Frau von Trauerweide ihre zart ergrünten Zweige dem im Sonnenlicht glitzernden Wasser entgegen und lauschte den leise gemurmelten Geschichten, die Herr Bach auf seinem stetigen Weg erzählte. Wenn die leichte Frühlingsbrise durch ihre Blätter säuselte, berichtete Frau von Trauerweide ihrerseits Herrn Bach die neusten Geschehnisse, die sich im Park zu getragen hatten, um sie ihrer Nichte, die weiter unten am Waldrand wuchs anzuvertrauen. Es gab immer etwas Neues. Familie Eichelhäher war umgezogen, in dem verwunschenen Garten der Herzogvilla, beste Wohnlage, und Familie Eichhörnchen erwartete Nachwuchs.
In diesem Frühling allerdings gab es etwas ganz Besonderes weiter zutragen. Ihre Nichte würde staunen. Mit einem sehnsuchtsvollen Seufzen teilte Frau von Trauerweide ihrem Herold die aufregende Nachricht mit. Herr Knorkeiche hatte sich endlich, endlich zu ihr gewendet und das Wort an sie gerichtet.
Wie viele Jahre hatte sie darauf gewartet. Schon als gertenschlankes Weidenstämmchen hatte sie einen leidenschaftlichen Blick auf die schneidige Eiche geworfen, die nur einige Schritte entfernt ihre Äste imposant in den Himmel streckte.
Die Jahre vergingen, aus ihrem Stämmchen wurde ein Stamm und auch Herr Knorkeiche nahm an Umfang zu. In den letzten Jahren war ihre Hoffnung, dass er sie bemerken würde, immer mehr geschwunden. Aber in jedem Frühling, wenn das Leben neu erwachte und Blumendüfte die laue Parkluft erfüllten, schlug auch Frau von Trauerweides Herz ein wenig schneller. Herr Bach lauschte ihrer Berichterstattung aufmerksam, gab nur dann und wann ein zustimmendes Gurgeln von sich.
„Bitte, mein lieber Bach, sagen sie meiner Nichte, dass er mich wegen meiner üppigen Äste ansprach. Mit nur einem ganz kleinen Knarzen, ja einem fast schon zärtlichen Knarren, bat er mich, sie in eine andere Richtung zu strecken, damit sein Stamm stärker von der Sonne beschienen werden könne.“
Gleichzeitig ging ein Zittern und Beben durch Frau Trauerweides empfindsames Geäst, dass diese unerwartete Aufregung hervor rief.
„Versprechen sie mir lieber Bach, vergessen sie keines meiner Worte“, wisperte Frau von Trauerweide.
„Wie könnte ich, wie könnte ich“, säuselte Herr Bach.
Er beeilte sich den Weg zum Waldesrand hinab zu fließen, um alles getreulich zu berichten. Frau von Trauerweide schaut derweil mit sehnsüchtigem Verlangen zu Herrn Knorkeiche.
„Ach, würde er mich doch bald wieder ansprechen … und nicht noch einmal so viele Jahre verstreichen lassen“, dachte sie und seufzte aus tiefstem Herzen.

[Caroline Susemihl]

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~~ Wellenrausch ~~

Wenn Wellen Geschichten erzählen,
zaubern sie Melodien an den Strand.
Und wenn die Melodien in die Lüfte steigen,
kommen die Sanften herbei, um sie mit ihren Augen zu streicheln.
Und wenn diese Zärtlichkeiten Gestalt annehmen,
fallen Sterne ins Meer, wo sie zu Perlen in blauen Muscheln werden.
Und wenn wir für würdig befunden wurden, so eine Perle zu finden,
werden wir nie wieder das Wellenrauschen verlieren.
Wir spüren es auf dem höchsten Berg und in der tiefsten Wüste.
Es wird unser Gefährte werden, egal wo wir uns befinden.

[Petra Wolf]

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Als Schreibender freu mich mich ganz besonders, dass mein Hausarzt auch Autor ist und mir dieses Werk zur Verfügung gestellt hat.

Liebe wie Weisheit

Liebe,
wie Weisheit,
ein
Stein.
So
schwer
zu ergreifen,
so
mühselig
zu tragen
als
Geschenk.

[Dr. J. Wewerka]

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Deja-vu

äonen sternsysteme, sonnenleben,
äonen unendlichen zeit und raum;
seelenschweben, seelenleben,
wissen können wir es kaum,
was mal war vor endlos zeiten,
was bald kommt in zukunfstzeit,
aber fühlen in gedanken,
wissen um die winzigkeit,
dieses einmal miteinander,
deja-vu im hier und heut,
und auch morgen finden wieder
unsre seelen sich erneut,
das erkennen,
immer wieder
in der endlos langen zeit

[Sophia Noah]

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Die kürzeste Geschichte

Nach dem letzten atomaren Krieg war die Erde ein toter Planet; nichts wuchs mehr, kein Tier hatte überlebt. Der letzte Mensch saß allein in einem Zimmer und dachte über sein Schicksal nach.
Da klingelte das Telefon.
Der Mensch zuckte zusammen, dann nahm er den Hörer ab.
„Ja?“
„WER IST DA?“, fragte die Stimme.
„Ich glaube, ich bin der letzte Mensch der Welt. Wer bist du?“
„GOTT. SORRY, FALSCH VERBUNDEN.“
Auf der anderen Seite wurde der Hörer aufgelegt.
Der Mensch ließ langsam den Hörer sinken und fing an zu weinen.

(c) 2000 Claudia Silberborth

31 Antworten zu “Gastautoren”

  1. Waldbritta said

    wellenrauschen, ein einziger traum.

  2. Die Zeilen vom Doktor sind auch sehr tiefgründig!

  3. wortman said

    Bin froh, dass es mein Hausarzt ist 🙂

  4. Ich habe mal eine kurzgeschichte im Deutschunterricht geschrieben. Die Vorgabe waren 500 Worte mindestens…. aber ich habe dennoch eine 2 bekommen. Habs mal online gestellt…. was hälst du davon … http://sunrisedreamer.wordpress.com/2008/12/07/eine-kleine-geschichte/ ?

  5. Don Juan said

    er, der er nicht sein wollte,
    sie deren herz er nie gewinnen konnt in einer welt voll unbedacht,egoismus,oberföächlichkeit, gier und rachsucht.
    versucht auf einen zug zu springen den er nicht kannte zu einem irgenwo.
    doch auch dies irgenwo wird einmal sein!

  6. sunny11178 said

    Habe gerade den Wellenrausch entdeckt und bin begeistert. Musste Petra Wolf googeln und bin hierauf gestoßen: http://www.neuewolfkeramik.de/
    Ob es sich dabei um dieselbe Person handelt, weißt nur du, lieber Wortman. Aber ich bin schon wieder begeistert. Und deshalb doppelten Dank.
    LG Sunny

  7. Anne said

    Das Gedicht von deinem Hausarzt gefällt mir sehr! Wahre Worte!

    LG
    Anne

  8. LIL UND Z said

    Gedankenfluten suchen Gedankenfluten
    treiben wundersames Spiel,
    finden altbekannte Bilder,
    zaubern ein Lächeln in den Abend.

    [LIL oder die Hexe von Oz
    ]

  9. Lil - Hexe-von-oz said

    Die Nacht

    Das Dunkel dort draußen,
    es breitet sich aus,
    es umschließt so ganz langsam
    das einsame Haus

    Im Haus werden Lichter
    ganz langsam entfacht,
    vertreiben das Dunkel
    der kommenden Nacht.

    Die Nacht flüstert leis´:
    –Ich höre es raunen–
    „ihr werdet noch über mein
    Aussehen staunen.“

    Aus dem Dunkel der Nacht
    steigt mit ruhiger Macht
    ein silberner Stern am Himmel empor
    und gesellt sich ganz sacht zum Sternenchor.
    Die Nacht verändert ihr Gesicht
    und breitet mit ihrem Sternenlicht
    eine sanfte Ruhe über die Welt,
    die nicht mehr dunkel,
    sondern erhellt.
    Der Stern, er glitzert und funkelt
    er strahlt und blinkt,
    so das die Dunkelheit versinkt

    Dorthin –
    da, wo der Stern
    den Himmel berührt.
    Dorthin
    haben mich Deine Worte geführt

    (c) ZM

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